Amy Grant im Interview

Kein Lückenfüller-Song

Nach über zehn Jahren des Wartens ist nun die Freude groß: Amy Grant veröffentlicht am 14. Mai 2013 mit „How Mercy Looks From Here“ endlich wieder ein komplett neues Studio-Album. Seit über 30 Jahren ist Amy Grant erfolgreich in der internationalen Musikszene aktiv. Anfang der 90er war sie mit ihrem Song „Baby, Baby“ auch mehrere Wochen in den deutschen Top 10 vertreten.

Kein Lückenfüller-Song
Amy Grant
Ein Gespräch mit ihrer demenzkranken Mutter, ein paar Monate vor deren Tod, gab Amy die Richtung für das Album „How Mercy Looks From Here“. Lieder mit Sinn wünschte sich Amys Mutter. Und dem tragen Grants Songs Rechnung. Hinter jedem einzelnen Lied steckt eine eigene Geschichte und die Reife einer Frau, die mit Gottes Hilfe den Lektionen des Lebens begegnet ist. Besonders freuen kann man sich dabei auf die Duette von Amy Grant mit Sheryl Crow, Carole King und James Taylor.

„In den letzten Jahren gab es einige große Veränderungen in meinem Leben. Daher ist auf diesem Album auch kein Lückenfüller-Song. Jedes einzelne Lied basiert auf einer wahren Geschichte.“ Amy Grant



Wo stehst du gerade in deiner Karriere?

Ich bin mittlerweile 35 Jahre dabei und bin jetzt sehr aufgeregt, diese neue Platte zu veröffentlichen. Ich habe schon seit zehn Jahren kein Studio-Album mehr herausgebracht, das ausschließlich mit neuen Liedern gefüllt ist. Songwriter hoffen, dass ihre besten Lieder noch geschrieben und veröffentlicht werden. Und so ist es auch bei mir. Deswegen bin ich sehr begeistert von diesem Album.

Warum hat es so lange gedauert, bis wir ein neues Studio-Album von dir in den Händen halten können?

Innerhalb der letzten zehn Jahre war ich immer wieder mal im Studio, um Aufnahmen zu machen. Meistens wurden dann diese Lieder zusammen mit einer Auswahl alter Songs veröffentlicht. Es waren einfach andere Dinge des Lebens, die den größeren Teil meiner Aufmerksamkeit für sich beanspruchten. Meine Eltern wurden älter. Meine Mutter starb vor zwei Jahren. Es passierte einfach sehr viel.

|s Auf deinem neuen Album „How Mercy Looks From Here“ singst du über Dinge die wirklich von Bedeutung sind. Welche Dinge sind das?

Menschen. Beziehungen. Lernen, schwere Zeiten im Licht des Guten zu sehen, das sie letztendlich bringen. Wertschätzung. Das sind die Dinge, die von Bedeutung sind.

Deine vorherigen Alben beinhalteten ebenso relevante Themen. Wie hebt sich „How Mercy Looks From Here“ davon ab?

Durch die Reife. Zu jeder Zeit beinhalteten die Lieder, die ich aufnahm, das, was mir besonders wichtig war. Dieses Album hat jedoch seine ganz eigene und einzigartige Kraft, die ich persönlich als sehr ermutigend empfinde.

Was steckt hinter den Liedern Golden, How Mercy Looks From Here und Don’t Try So Hard?

Golden: Dieses Lied schrieb ich mit Chris Eaton und Marshall Altman. Chris und ich haben über die Jahre schon unheimlich viele Lieder zusammen geschrieben. Ich wollte versuchen, in einer poetischen Art eine Botschaft der Liebe für meine Kinder zu verfassen. Mein Mann und ich haben insgesamt fünf Kinder, von denen ich vier zur Welt gebracht habe. Als Mutter erwachsener Kinder glaube ich, das Wichtigste, dass ich ihnen vermitteln kann ist, ihnen zu versichern, dass die Wege, die sie einschlagen, und die Entscheidungen, die sie treffen, keinen Einfluss auf meine Liebe zu ihnen haben. Sich bewusst zu sein, dass man geliebt ist, verleiht Kraft. Und so ist dieses Lied also für sie.

How Mercy Looks From Here: Die Idee für diesen Song hatte ich wahrscheinlich schon eineinhalb Jahre bevor daraus ein Lied wurde. Unsere Familie erlebte in der ersten Maiwoche 2010 viele schöne, aber auch furchtbare Dinge auf einmal. Ich wählte damals die Flut, die unsere Heimatstadt Nashville traf, um weiterzugeben, wie in allem Guten und Schlechten des Lebens Gnade erfahrbar wird. Ein guter Freund, mit dem ich jahrelang Musik gemacht hatte, nahm sich das Leben und in dieser Maiwoche waren wir bei seiner Beerdigung. Jenny, unsere älteste Tochter, feierte neben unserem Haus ihre Hochzeit mit dem Mann, den sie schon seit ihrer Kindheit liebte. Das war fantastisch. Eine Rekordflut erreichte Nashville und zerstörte viele Wohnhäuser. Jeder hatte irgendwelche Verluste zu verzeichnen oder kannte jemanden, der davon betroffen war. Diese Woche war wie ein Pendel, das vor und zurück schwang zwischen Freude und Leid. Diese Gedankengänge verpackte ich dann in ein Lied.



Don’t Try So Hard: Dieses Lied singe ich eigentlich für mich. Es scheint oft so zu sein, dass alles, was wir in diesem Leben erreichen, sich uns eröffnet, weil wir entweder zur richtigen Zeit am richtigen Ort waren, die richtigen Kontakte hatten oder etwas sehr gut gemacht haben. Dadurch bieten sich uns diese Möglichkeiten. Dieses Lied soll daran erinnern, dass — im Gegensatz zu allem anderen in diesem Leben, was unsere Akzeptanz von herausragenden Leistungen abhängig macht ― die Liebe Gottes überhaupt keine Leistungen erfordert. Wir vergessen das so schnell.

Wenn du an dein neues Album denkst, was bringt dich zum Lächeln?

Jedes der Lieder auf dem Album ist aus einer echten Situation erwachsen. Diese Zusammenstellung von Liedern ist daher für mich eine Sammlung von Erinnerungen. Einige sind sehr zerbrechlich, aber alle sind sehr wertvolle Teile des Lebens. Und dann muss ich auch lächeln, weil Musik für mich mit dem Kochen eines richtig guten Essens vergleichbar ist, für das ich mein Bestes gebe. Alles muss gewürzt und angerichtet sein. Dann wird der Tisch dekoriert und mit Blumen geschmückt. Und schließlich lädt man alle Freunde ein dazuzukommen und mitzuessen. Genauso, wie wir unsere Gefühle in das Zubereiten einer Mahlzeit hineinlegen, finden sie auch ihren Weg in unsere Musik. Ich liebe die Musik und ich liebe es zu kochen. Ich glaube, dieses Album ist meine Art auf musikalische Weise ein richtig großes Festessen für die Menschen zuzubereiten, die ich liebe.



Hier geht es zum Album „How Mercy Looks From Here“ von Amy Grant.